Das Brauhaus an der Isar: Im Sturm der Zeit

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Neue, schillernde Zeiten brechen in der großen Münchner Brauhaus-Saga von Julia Freidank an. Es ist die Zeit der Weimarer Republik. Die lebenslustige Clara wird 1919 von ihren Eltern zurück in die Stadt gerufen. Nach der Kriegszeit soll sie helfen, das Brauhaus Brucknerbräu zu alter Größe zu führen und es später übernehmen.

Zwar glaubt Clara seit dem Tod ihres Bruders an den Segen der abstinenten Gesundheitsbewegung. Doch die Aufgabe ist auch verführerisch. Es ist eine neue Zeit: Frauen können früher Undenkbares tun. Clara ist entschlossen, mit ihrer Freundin Magdalena etwas zu bewegen. Dann aber begegnet sie einem Mann, der so gar nicht zu ihren Plänen passt – mitten in dieser politisch aufgeheizten und zugleich lebenshungrigen Zeit, in der Freundschaft wie Liebe jederzeit zu zerreißen drohen.

Die Autorin: Julia Freidank ist das Pseudonym einer vielfach veröffentlichten Autorin von Romanen und Sachbüchern. Als gebürtige Münchnerin hat sie die aufregende Geschichte ihrer Heimatstadt immer schon sehr fasziniert. Da München ohne das Brauereiwesen nicht zu denken ist, lag es nahe, irgendwann einmal über ein Münchner Brauhaus zu schreiben. Das Ergebnis ist die mehrbändige große Familiensaga «Das Brauhaus an der Isar».

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«Das Brauhaus an der Isar – Im Sturm der Zeit»: Ein Interview mit Julia Freidank

Die Fortsetzung zu ihrem Roman «Das Brauhaus an der Isar. Spiel des Schicksals» führt uns in die wilden Zwanziger Jahre. Worum ging es Ihnen dabei?
Es ist eine Zeit, die nicht nur glamourös und gefährlich ist. Nach dem Ende des 1. Weltkriegs ändert sich die Welt radikal: In rund 40 Jahren von König Ludwig II. zu Charleston und Roter Armee! 1919 wird in München ein einzigartiges Experiment versucht: eine Räterepublik nach Sowjet-Vorbild. Gleichzeitig macht die Gesellschaft einen Sprung in die Gegenwart: Nach dem Krieg werden die Röcke und Haare kürzer, Frauen streben an die Universitäten, Wahlrecht, Berufstätigkeit … nie gekannte Möglichkeiten eröffnen sich. Für die einen, wie für meine Heldin Clara, ist das eine Chance, die sie nicht verspielen will – selbst nicht für die Liebe. Für andere, wie ihre Freundin Magdalena, wird es zunehmend beängstigend. Ich erzähle die Geschichte zweier Frauen, die in dieser Zeit unterschiedliche Wege gehen und Freundinnen, Gegenspielerinnen und Verbündete werden.

Und wie geht es den Männern?
Nicht für alle ist diese Entwicklung leicht: Die einen sind der Herausforderung nicht gewachsen und suchen Sicherheit im Nationalsozialismus. Andere begreifen es als Chance. Dazu kommt, dass durch den Krieg fast alle Männer in irgendeiner Form traumatisiert sind. Auch Clara hat ihren Bruder an die Spanische Grippe verloren – eines von Hunderttausenden Todesopfern. Ihr Engagement für das gesunde Leben und gegen den Alkohol ist ein Versuch, damit fertigzuwerden – aber natürlich war es auch ziemlich spaßig, eine Antialkoholikerin eine Brauerei erben zu lassen!

Da scheinen Konflikte vorprogrammiert zu sein…
Ja, definitiv! Zuerst mit Claras Vater Melchior. Er war ja seinerzeit das Enfant terrible. Was macht so jemand, wenn nun die eigene Tochter gegen ihn rebelliert? Das war für mich ein wunderbarer Konflikt, mal tragisch, mal komisch …

Welche Rolle spielt Bier in Ihrem Roman?
Die Brauereiindustrie war eine der wenigen, die den 1. Weltkrieg noch ganz gut überstand, sofern sie auf die richtigen Lieferanten gesetzt hatte. Andererseits machten sich Literaten der frühen Weimarer Republik lustig, in München ginge es nur um Bauen, Brauen und Saufen. Während es auch in Deutschland die Diskussion über eine Prohibition nach amerikanischem Vorbild gab, bemühten sich die Brauereien, das Oktoberfest in die Gegenwart zu holen. Das war gar nicht so leicht, denn eigentlich war es traditionell an die königliche Familie gebunden. Die Frage, ob man es demokratisieren kann, wird bei mir zum Symbol der Demokratisierung Bayerns. Bier wurde zum Politikum! Den Brauern war es allerdings egal, ob König oder Kommunist – Hauptsache, o’zapft is!

Sie sind selbst aus München. Hat dies Ihren Roman beeinflusst?
Ja, sicher. Natürlich gibt es wieder ein paar echte bayerische Urgesteine … Aber so konnte ich auch verstehen, was die politischen Wirren für die Bewohner bedeuteten. Ich erinnerte mich, was mir mein Großvater über das Ende der Räterepublik erzählte: Wie sein Vater in den Pausen zwischen den Schießereien immer schnell über die Straße ins Wirtshaus flitzte, um seinen Bierkrug neu füllen zu lassen! Während es in den Straßen ums nackte Überleben ging, während ein existentieller Kampf zwischen Sozialismus und den oft radikalnationalistisch gesinnten Freikorps ausgefochten wurde, dachte er nur an die nächste Maß! Davon habe ich mich natürlich inspirieren lassen.

Es geht auch um die enge Freundschaft zwischen zwei Frauen. Führt sie zwei unterschiedliche Wege in die Moderne an?

Auf jeden Fall. Die Weimarer Republik sah in Bayern anders aus als zum Beispiel in Berlin, aber auch hier standen die Frauen vor unglaublichen Herausforderungen: Zwischen Glamour und Angepasstheit, zwischen Emanzipation und Tradition, zwischen Verantwortung und Liebe. Es geht um Irrwege und Lebensmut, vor allem aber um Freundschaft und Vergebung, in einer Zeit, in der schon die Nationalsozialisten als dunkle Wolke am Horizont zu erahnen sind.

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Foto: © rowohlt.de
Foto: © Christa Bartl