Neues Album "Dazwischen" von Florian Paul & die Kapelle der letzten Hoffnung

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Zwischen Nachtbussen und Taxifahrten, zwischen Paris, München, Jesolo und einer Kleinstadt im Ruhrgebiet, zwischen Liebe, Liebeskummer und vielen gerauchten Zigaretten, genau dort finden die Geschichten statt, um die es in „Dazwischen“ geht - dem Debütalbum von Florian Paul und der Kapelle der letzten Hoffnung. Florian Paul, der Kopf der Band, hat für seine Erzählungen eine musikalisch hochkarätige Truppe um sich versammelt. Flurin Mück (Drums), Sam Hylton (Keys), Nils Wrasse (Saxophon) und Robin Jermer (Bass) bereichern die Songs mit ihrem vielschichtigen Sound.

Der erst dreiundzwanzigjährige Sänger mit der Stimme, die allerdings nach wesentlich mehr Jahren am Tresen klingt, verhandelt in seinen Texten die großen Träume, die großen Lieben, und immer wieder auch die Angst - die Antagonistin und permanente Begleiterin des Albums. Damit knüpft er an die Generationen der bekannten deutschen Liedermacher vor ihm an, beschreibt aber gleichzeitig pointiert das Gefühl seiner Generation, die sich „zwischen Selbstmitleid und Größenwahn“ danach sehnt, endlich fortzugehen, aber eigentlich wünscht, vielleicht doch noch jemandem zu begegnen, der sie durch die Nacht nach Hause bringt und für den es sich lohnt, zu bleiben.

Aber Trotzdem ist der Opener des Albums und beschreibt eine desillusionierte Beziehung, die vielleicht noch nie eine war. Lieblose Küsse, ein letzter Drink, dann stehen gelassen werden - irgendwie unbedeutend. Trotzdem bleibt da ein Stachel, ein Schmerz und die einsame Kippe auf dem Heimweg. In Alles wie immer nimmt Florian Paul uns, mit melancholisch schwelgenden Melodien und treibenden Lagerfeuergitarren, mit zurück in seinen Heimatort, in dem sich eigentlich nichts geändert hat und der doch nicht wiederzuerkennen ist. „Es gibt noch immer Bier und Gras, nur keine Lieder mehr.“ - der vertraute Ort, einst voller Energie, Feuer und Aufbruchslust, ist stehen geblieben und nur noch Abziehbild einer Zeit, in der einmal alles möglich schien.

Von dort zieht es ihn in den Süden. In einer musikalischen Hommage an den Italoschlager der 50er Jahre zeichnet er bitterböse Bilder von einem Sommer an der Adria. Bei Maria im Café konnte man sich treiben lassen, doch seit sie gegangen ist, ist der Wein zu teuer und die Heuchelei der romantischen Bilder nicht mehr zu leugnen. Der Traum ist geplatzt und der Sommer unerträglich in Bella Maria, dem potentiellen Sommerhit des Albums. Briefe ist dagegen der sanfte Rückblick auf eine verpasste Chance, auf eine Liebe, die nie wirklich aufgegangen ist. Ein liebevolles Nachdenken über einen Moment, an dem man nicht sehen konnte und wollte, was man hätte haben können.

Und dann noch die Erklärung der Koordinaten aller Geschichten: Dazwischen. „Zwischen Anarchie und Kir Royal und Nymphenburg und Wuppertal“. Dort stehend, wartet man auf die eine Person, die den Frust auflöst, die den Nebel vertreibt, die ein Zuhause und irgendwie Wirklichkeit bedeutet und das rastlose Treiben anhält. Doch auch im zarten Duett mit der Sängerin Henny Herz in Der Teufel ist es nicht die Richtige. Es bleibt nur der kurze magische Moment, in dem man zu zweit in der Kneipe zurückbleibt, wenn alle anderen schon nach Hause gegangen sind und gemeinsam träumt vom Fortgehen aus der „entzauberten Welt“.

Doch es gibt eine, die immer da ist und Trost spendet: Die Nacht. Sie ist es, die die Geschichten erst schreibt, sie bedeutet die immer wieder geflüsterte Hoffnung, dass Sehnsüchte erfüllt werden können, dass es heute Nacht soweit ist. Die Nacht ist Zuhause, Schönheit, Verführung, das Vergessen der Sorgen, das Verdrängen des Morgens. Manchmal fürcht ich mich ist das melancholisch satte Aufbäumen des Albums. Von stetigem Bass angekündigt, taucht sie dann noch einmal auf, dunkler Bläsersound folgt später als ihre Entourage, wenn sie ihren letzten finalen Auftritt hat: Die Angst, die Endgegnerin aller Geschichten. Die Angst, etwas verpasst zu haben, die Angst nicht weiterzuwissen und die Angst, dass das Beste vielleicht schon vorbei ist. Da gibt es nur noch eines, was hilft: „Steigt auf die Bänke und spielt auf verstimmten Gitarren und singt, bis der Rauch um die Kerzen zu tanzen beginnt. Erzählt die Geschichten, die jeder schon kennt und klirrt mit den Gläsern, bis das letzte zerspringt.“

Und genau diese Geschichten, die jeder schon kennt, weil jeder sie erlebt, sind auf Dazwischen versammelt. Es ist musikalischer Ausdruck der tiefsten Sehnsucht, eine Erinnerung an alle kleinen und großen Lieben und die, die niemals stattgefunden haben und ein Gruß an jedes geleerte Glas am Tresen zwischen München und dem Ruhrgebiet.

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Foto: © Label Millaphon Records GmbH