BLAIBACH. (obx) - Während die Hamburger noch immer an ihrer Elbphilharmonie werkeln und die Münchner weiterhin nach einem Fleckchen suchen, wo ein neues Konzerthaus überhaupt einmal stehen könnte, hat eine ostbayerische 2.000-Seelen-Gemeinde Fakten geschaffen: Blaibach im Landkreis Cham ließ aus einer Vision Wirklichkeit werden und baute sich ein eigenes Konzerthaus, das ebenso futuristisch wie spektakulär ist. Das Gebäude in der Optik eines minimalistischen Monoliths, 2014 eröffnet, räumt derzeit reihenweise Architekturpreise ab. Dabei wäre der Bau fast gescheitert.
In Deutschlands Architektur- und Bauszene sorgt das maßgeblich aus Beton geschaffene 'Wunder von Blaibach' bis heute für ungläubiges Staunen: 'Ein Dorf am Rande der Republik, auf halber Strecke zwischen München und Prag, weitab von jeder Großstadt: Viel Leben erwartet man hier nicht. Blaibach im Bayerischen Wald ist jedoch anders und das hat viel mit Architektur zu tun', schreibt beispielsweise das renommierte Fachmagazin 'BauNetz' über das Konzerthaus im Grünen. Bayerns Wirtschafts- und Tourismusministerin geriet bei der Verleihung des Bayerischen Tourismus-Architekturpreises 'artouro 2016' kürzlich ebenfalls ins Schwärmen: Blaibachs Konzerthaus gehöre zu den 'schönsten Tourismusbauten', die in den vergangenen Jahren in Bayern entstanden.
Visionär, elegant, minimalistisch: Architektur-Jurys überhäufen den zeitgenössischen Bau mit Komplimenten und Auszeichnungen: Die 'Bayerwald-Philharmonie' holte den Deutschen Architekturpreis genauso wie mehrere Prämierungen des Bundes Deutscher Architekten. Für Blaibach selbst ist das zwei Millionen und zu 60 Prozent vom Freistaat Bayern geförderte Konzerthaus viel mehr als nur ein Funktionsgebäude. Der Saal mit 200 Plätzen und viel gelobter Akustik ist ein Symbol des Aufbruchs, der Innovation und einer großen Idee: Kultur schafft Infrastruktur und kann das Image einer ganzen Region nachhaltig prägen. Dass Blaibach im Bayerwald heute Deutschlands wohl einziges Dorf mit eigener Philharmonie ist, hat die Gemeinde dem international gefragten Bariton Thomas E. Bauer zu verdanken. Er stammt selbst aus der Region. 2007 gründete er mit dem 'Kulturwald' ein Projekt, das das 'Grüne Dach Europas' zum Ort für große Kunst machte. Er ließ Mozarts 'Zauberflöte' aufführen, übertrug Orffs 'Carmina Burana' aus dem Hubschrauber und brachte Weltklasse-Jazz in Scheunen und Wirtshäuser. Beflügelt vom Erfolg des Festivals entwickelte er die Vision eines eigenen Konzertsaals im Bayerischen Wald - und fand Gehör in Blaibach. Eine Bürgerinitiative brachte das Projekt fast zum Scheitern, sammelte Unterschriften gegen den aus der Sicht der Gegner zu teuren Bau. Was danach folgte, klingt wie eine Szene aus einer Vorabendserie: Der Blaibacher Pfarrer schaltete sich ein und vermittelte erfolgreich. Der Gemeinderat stimmte schließlich 2013 mit 14 zu einer Stimme für den Bau, der auf einem Entwurf des vielfach ausgezeichneten Münchner Architekten Peter Haimerl basiert.
Bereits im Herbst 2014 eröffneten die Blaibacher ihren neuen Musiktempel mit Haydns 'Schöpfung'. Mittlerweile rücken in dem Ort reihenweise Delegationen aus ganz Deutschlands an, die von Blaibach lernen wollen. Etwa 50 Konzerte pro Jahr bietet das Konzerthaus in der bevorstehenden Spielzeit: von Beethoven-Symphonien bis hin zu Bachs Weihnachtskantaten und (dem bereits ausverkauften) Gastauftritt des Bayerischen Staatsorchesters. Mehr Infos: www.konzert-haus.de