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Opfern helfen - ihre Rechte einfordern

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CHAM. Seit über 20 Jahren erinnert der WEISSE RING, als Deutschlands größte Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität, jährlich am 'Tag der Kriminalitätsopfer' an diejenigen, die unschuldig Opfer einer Straftat wurden. Jeder kann schon morgen Opfer einer Straftat werden. Und dann?

 

Keiner will Opfer werden oder sein. Und wenn es doch geschieht, dann wird beim Betroffenen 'die Welt aus den Angeln gehoben'. Sein persönlicher 'Schutzraum' in dem es sich sicher fühlte, wurde durchbrochen. Was einem auch durch eine Straftat geschieht, es hinterlässt Spuren. Wer einmal Opfer wurde, der bleibt es meist ein Leben lang. Ob körperlicher, psychischer oder materieller Schaden, auch bei einem Delikt ohne Gewalteinwirkung, wie z.B. Diebstahl, Betrug, Bedrohung o.ä. geht das Leben für den Geschädigten nicht mehr so weiter wie bisher. In immer mehr Familien, auch im Landkreis Cham sitzt jahrelang die Angst tief, weil z.B. in ihre Wohnung eingebrochen wurde. Mit den Folgen der Tat muss das Opfer alleine zurecht kommen. Aber ist das möglich bei einem psychischen Ausnahmezustand, einem erlittenen seelischen oder körperlichen Leiden ? Trat ein finanzieller Notstand durch die Tat ein, wie geht es weiter ? Manchmal sogar mit Verlust des Arbeitsplatzes, mit Existenzangst. Wie kommt ein Opfer zu seinem Recht ? Gibt es jemanden, der dem Opfer zuhört, der ihm glaubt, der ihn versteht, zu dem es Vertrauen haben kann, der einfach da ist und ihm hilft damit es sich wieder selber helfen kann, der es nicht nur am Telefon berät, sondern es an die Hand nimmt, begleitet, beisteht und das nicht nur einen Moment, sondern so lange wie notwendig ! Hat nicht der Staat für seine Bürgerinnen und Bürger, wenn sie einmal Opfer werden dafür zu sorgen ? Sorgt er sich doch auch um den Täter ! Kann also der Staat Pflichten im Sinne des Opferschutzes erfüllen ? Gehört dazu nicht auch, nicht nur diese Rechte zu versprechen und Gesetze zu schaffen, sondern auch dafür zu sorgen, dass vorhandene Rechte von den Opfern auch wahrgenommen werden können? Ja, aber nur bedingt, sagt Klaus Kozuch, der Leiter der Kriminalitätsopferhilfe im Landkreis Cham. 'Es wurden Gesetze geschaffen, für die Opfer. Z.B. das Gewaltschutzgesetz, das Opferrechtsreformgesetz oder das Opferentschädigungsgesetz. In der Strafprozessordnung wurde auch festgelegt, dass ein Opfer von der Polizei darauf hingewiesen werden muss, dass es Opferhilfeinrichtungen gibt und diese z.B. bei Gericht oder auch bei der Polizei selbst erfragt werden können. Es wird auch darauf hingewiesen, dass das Opfer sich an die Staatsanwaltschaft oder auch an einen Anwalt wenden kann. So ein Merkblatt mit diesen Hinweisen wird dem Opfer vom Sachbearbeiter bei der Polizei in die Hand gedrückt. Und dann ? Dann ist sich das Opfer wieder selbst überlassen. Aus Datenschutzgründen kann die Polizei den Namen und die Anschrift des Opfers nicht direkt einer Opferhilfeeinrichtung übermitteln. Auch wenn Opferhilfe und Opferschutz durchaus auf der Agenda der polizeilichen Arbeit steht, damit aber in erster Linie die Kriminalprävention gemeint ist. Die Polizei stellt auch Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten fest und weist auf Hilfsangebote hin. Damit beginnt das nächste Drama für das Opfer. Verunsichert, oft mit Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen behaftet, nicht selten auch gedemütigt bleibt das Opfer zurück, der Schamfaktor ist groß. In diesem Ausnahmezustand, in dem es sich befindet blickt selten ein Opfer nach einer polizeilichen Vernehmung noch durch, wer tatsächlich mit was jetzt weiter helfen könnte. Die Polizei hat vorrangig die Aufgabe den Tatablauf festzustellen, den / die Täter zu ermitteln und den Bericht an die Staatsanwaltschaft abzugeben . Aber wer hilft dem Opfer weiter, wenn es als Beweismittel nicht mehr dienlich ist ? Die Polizei hat nicht das Personal und auch nicht die Aufgabe sich weiter um die Belange des Opfers zu kümmern. Wir als Opferschutzverein sind der Meinung, dass sofort nach einer Straftat das Opfer begleitet und unterstützt gehört. Dazu muss es als aller erstes allerdings wissen, dass es Hilfsangebote wie vom Weissen Ring in unmittelbarer Nähe gibt und dann noch selbst den Mut aufbringen und auch noch in der Lage sein, sich an diese Opferhilfeeinrichtung zu wenden. Besser wäre es, wenn die Polizei sofort z.B. den Weissen Ring verständigen dürfte.

 

Nehmen wird das Opferentschädigungsgesetz, so Kozuch. 'Von den pro Jahr rund 190.000 durch Gewaltkriminalität Geschädigten stellen n u r knapp elf Prozent einen Antrag auf Entschädigung durch das OEG. Oft wissen nicht einmal Anwälte oder Behörden von dieser Möglichkeit. Wird dann aber auch noch die Anerkennung des Antrages eines Opfers, das sind mehr als ein Drittel davon, abgelehnt, wer sagt dem Opfer wie es dann weitergeht ? Durch die noch viel zu häufig anzutreffende jahrelange Dauer der Verfahren werden Opfer von Gewalttaten zusätzlich belastet. Sie werden im Ungewissen gelassen, wodurch ihre Lage nicht einfacher wird. Wohnungseinbrüche oder psychische Gewalt, wie es auch z.B. bei Stalking der Fall ist, sind in dieser staatlichen Hilfe im Rahmen des OEG überhaupt nicht enthalten. Ein Rechtsexperte sagte einmal zu mir: ' Das OEG ist das schlechte Gewissen des Staates.'

 

Ich habe den Eindruck, so Klaus Kozuch weiter, dass dem Staat gar nicht darin liegt, die Bevölkerung diesbezüglich groß aufzuklären. Je weniger Opferentschädigungsanträge gestellt werden, um so mehr spart der Staat bei diesen Ausgaben. Das ist ein Skandal und ein Hohn für alle Gewaltopfer. Nach aktueller Lage kann der Weisse Ring nur an Geschädigte von Straftaten appellieren, sich sofort an den WEISSEN RING zu wenden und abzuklären, was zu tun ist, damit das Opfer zu seinem Recht, aber auch an eine sofortige kostenlose, unbürokratische Hilfe kommt. Das kann auch schon vor einer Anzeige bei der Polizei geschehen, aber auch Tage, Monate oder Jahre danach. Auch wenn keiner damit rechnet einmal Opfer einer Straftat zu werden, so wie es sich auch 3.170 Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Cham nicht denken konnten, als sie im Jahre 2013 als Opfer von Gewalt- und Straßenkriminalität, Diebstahl, Einbruch und Betrug von der Polizei erfasst wurden, ist es immer gut zu wissen wo es Hilfe gibt.

 

Der Weisse Ring bietet deshalb auch innerhalb der Prävention kostenlos Vorträge bei Vereinen,Gruppen oder Behörden an. Im Landkreis Cham wenden sie sich an den Weissen Ring, Tel.: 0151/55164641 oder an die Notrufnummer 116 006 . Ein Klick im Internet unter www.weisser-ring.de kann auch weiter helfen. Eine gute Gelegenheit sich jetzt zu informieren haben alle am Infostand des Weissen Rings vom Donnerstag, 19. März bis Samstag, 21.März im Kaufland Cham.

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