REGENSBURG. Immuntherapien kommen seit Jahren bei immer mehr Krebserkrankungen zum Einsatz und schaffen damit neue Überlebenschancen für viele Patienten. Die Forschung arbeitet mit Hochdruck an der Weiterentwicklung von Immuntherapien. Am Universitätsklinikum Regensburg (UKR) wird nun eine Stiftungsprofessur für Translationale Tumorimmuntherapie etabliert, die mit dem Fokus auf zelluläre Immuntherapien Patienten mit Leukämien und Lymphomen neue Hoffnung macht.
David H. leidet an Lymphdrüsenkrebs. Die Diagnose - ein diffus großzelliges B-Zell-Lymphom (DLBCL) – ist eine der häufigsten Formen von Lymphdrüsenkrebs und verläuft meist sehr aggressiv. Zur Behandlung hat der 48-Jährige mehrere Chemotherapien und zuletzt eine Hochdosis-Chemotherapie sowie eine Transplantation eigener Blutstammzellen erhalten. Die Behandlung schlug zunächst gut an, doch dann kam es zu einem Rückfall. „Herr H. erlitt ein Rezidiv und wurde zur Abklärung weiterer Therapiemöglichkeiten ans UKR überwiesen“, erklärt Professor Dr. Leo Hansmann, Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des UKR sowie Inhaber der neuen Schwerpunktprofessur für Translationale Tumorimmuntherapie. „Wir empfahlen Herrn H. eine Behandlung mit CAR-T-Zellen, einer modernen zellulären Therapieform, mit der auch in fortgeschrittenen Erkrankungsstadien nach mehreren Vorbehandlungen noch Aussicht auf Heilung besteht.“
Die CAR-T-Zell-Therapie ist eine Form der Immuntherapie, bei der das körpereigene Abwehrsystem derart modifiziert wird, dass es sich gegen die Tumorzellen richtet. Dazu werden dem Patienten körpereigene Abwehrzellen entnommen, genetisch verändert und wieder verabreicht. Neben dem DLBCL sind andere Formen der Lymphome, die Akute Lymphatische Leukämie und das Multiple Myelom Erkrankungen, für die diese Art der Immuntherapie auch in fortgeschrittenen Stadien als vielversprechende Therapieoption bereits in der Routine zur Verfügung steht. „Im Fall von David H. war die Behandlung erfolgreich, und die Lymphomerkrankung konnte zurückgedrängt werden. Aktuell sind bei dem Patienten keine bösartigen Zellen mehr nachweisbar“, resümiert Professor Hansmann.
„Es war sehr schlimm, als der Krebs zurückkam. Ich habe viele Behandlungen mit schweren Nebenwirkungen durchgestanden und dabei immer die Zuversicht behalten, dass endlich alles gut wird. Und dann… Zum Glück haben mir die Ärzte im UKR die CAR-T-Zell-Therapie als weitere Möglichkeit angeboten. Bislang hat sie funktioniert, so dass ich die Hoffnung habe, meine Krebserkrankung nun endgültig besiegt zu haben“, sagt David H.
Damit profitiert David H. von intensiver immunmedizinischer Forschung und einer noch jungen Therapiemöglichkeit, denn bis vor wenigen Jahren gab es bei rezidiviertem DLBCL nach Hochdosistherapie und Stammzelltransplantation keine zugelassene Therapiemöglichkeit mit dem Ziel einer Heilung mehr. Mittels CAR-T-Zell-Therapie steigen nun die Chancen auf Heilung für Patienten mit einer derart fortgeschrittenen Lymphomerkrankung auf ca. 40 bis 50 Prozent. „Trotz dieser deutlichen Verbesserung der Prognose ist das DLBCL für mehr als die Hälfte der Patienten nach wie vor nicht heilbar; Langzeitergebnisse beim Multiplen Myelom und anderen Erkrankungen können noch nicht abschließend beurteilt werden und sind Gegenstand klinischer Studien. Darüber hinaus bedingt jede Behandlung Nebenwirkungen, die das Leben der Patienten stark beeinträchtigen können. Diese Umstände wollen wir durch intensive Forschungsarbeit und neue klinische Studien unbedingt ändern“, erklärt Professor Hansmann.
Wissenschaftlichen Output erhöhen
Forschung und Patientenbehandlung eng zusammenzubringen, ist ein wichtiges Ziel der neu etablierten W2-Stiftungsprofessur für Translationale Tumorimmuntherapie am UKR. „Die wissenschaftliche Arbeit zur Entwicklung neuer und Weiterentwicklung schon bestehender Immuntherapien kann umso besser vorankommen, je mehr Erkenntnisse aus der täglichen Patientenversorgung einfließen. Deshalb ist es uns ein großes Anliegen, diese Stiftungsprofessur nicht rein laborwissenschaftlich zu gestalten, sondern im Netzwerk der gesamten onkologischen Spitzenversorgung am UKR und in ganz Bayern zu etablieren“, erläutert Professor Dr. Wolfgang Herr, Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des UKR. Somit wird die Expertise als nationales und internationales onkologisches Spitzenzentrum weiter gestärkt und ausgebaut. Ein Umstand, von dem auch das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) und vor allem der NCT Standort WERA (Würzburg, Erlangen, Regensburg, Augsburg) profitieren. „Diese Vernetzung mit den Teams der anderen Universitätskliniken sowie unsere enge Verzahnung mit dem Leibniz-Institut für Immuntherapie (LIT) am UKR bieten beste Voraussetzungen für eine allumfassende Forschungsarbeit auf dem Feld der Tumorimmuntherapie. Wir finden hier für die Umsetzung von neuen vielversprechenden Therapieansätzen ein hervorragend entwickeltes Umfeld vor, das wir stärken und weiter ausbauen wollen“, freut sich Professor Hansmann auf seine neuen Aufgaben. Sowohl das UKR als auch das LIT entwickeln seit vielen Jahren innovative immunzellbasierte Therapieformen gegen bösartige Erkrankungen des blutbildenden Systems.
Janssen–Cilag GmbH als Förderer der Stiftungsprofessur
Gestiftet wird die Professur für Translationale Tumorimmuntherapie vom forschenden Pharmaunternehmen Janssen, das seit 30 Jahren die Entwicklung und Erforschung von Medikamenten im Bereich der Krebsmedizin mit vorantreibt. „In der Erforschung immunzellbasierter Therapien sehen wir sehr viel Potenzial, einen echten Unterschied für schwerkranke Patienten machen zu können, vor allem wenn durch interdisziplinäre Vernetzung Erfahrungen aus Theorie und Praxis berücksichtigt und Kräfte gebündelt werden“, sagt Dr. Ralf Angermund, Medizinischer Direktor Hämatologie bei Janssen Deutschland. Die Stiftungsprofessur wird vom Stifterverband für die deutsche Wissenschaft begleitet und ist vorerst auf fünf Jahre angelegt und wird mit 1.250.000 Euro gefördert.