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Eine Zeitreise in eine Welt, in der Werbung noch Reklame hieß

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THANSTEIN. (obx) - Jeder entkommt der Werbung auf seine Weise. Die einen füllen Chips- und Getränkevorrat auf, wenn die Spots im Fernsehen laufen. Die anderen nehmen Filme nur deshalb auf, um bei der Werbung dann vorspulen zu können. Und im Internet laden wir uns Programme runter, die uns die störenden und omnipräsenten Produkt-Einblendungen vom Hals halten sollen.

 

Werbung als lästiges Übel, vor dem wir uns möglichst abschotten wollen - es gab eine Zeit, in der das ganz anders war. Damals hieß Werbung noch Reklame und die bunten Bildchen waren Botschafter einer neuen Welt des Konsums, die die Menschen in ihren Bann zogen. Daran erinnert jetzt ein neues Museum im Oberpfälzischen Thanstein im Landkreis Schwandorf. Das Reklamemuseum, das dort auf Privatinitiative des Sammlers Herbert Männer entstanden ist, entführt seine Besucher in die faszinierende Zeit, als die Werbung geboren wurde.

Alles begann, als Herbert Männer als Zehnjähriger mit dem Sammeln von Zigarettenschachteln begann. Später kamen Reklametafeln hinzu. Seit mehr als einem halben Jahrhundert bewahrt der Senior mittlerweile Blechdosen, Büchsen, Aschenbecher, Plakate und andere Gegenstände auf. Im Reklamemuseum Thanstein ist seine Sammlung nun erstmals der Öffentlichkeit zugänglich. 'Die Ausstellung umfasst den Zeitraum 1880 bis 1960, in dem der Begriff Reklame hauptsächlich verwendet wurde', sagt Männer. Das Wort Reklame sei erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts im Zuge der Industrialisierung aufgekommen.

 

Erstmalig finde sich eine Definition in Meyer's Großem Konversationslexikon von 1906. Danach ist Reklame 'eine empfehlende Anzeige (Anpreisung), bei der im Unterschied zu der einfachen Annonce die Anwendung mehr oder weniger schlau berechneter Mittel zur Erweckung des öffentlichen Interesses wesentlich ist. Trotz der Ausschreitungen des Reklamewesens und des Vorschubs, dem es dem Schwindel leistet, ist es ein bedeutsames Kulturmoment unserer Zeit, eine Macht, die sowohl segensreich als auch verhängnisvoll auf den modernen Handel und Verkehr einwirkt.' Was damit gemeint ist, erfahren Besucher des Reklamemuseums in Thanstein. So wurde 'Plumeyers Bartwuchsbeförderer' angeboten, der aus kleinsten Härchen einen schönen Schnurrbart wachsen ließ. Eine Firma Schwenkler aus Berlin bot einen pneumatischen Gesichts-Korrektor an, der schon nach wenigen Minuten Falten, Runzeln, Tränenbeutel entfernt und alle Schlaffheiten und scharfen Züge des Gesichts ausgleicht. Gegen Magerkeit sollten die 'Orientalischen Kraft-Pillen' der Firma Steiner helfen. Die Pillen sollten selbstverständlich in kurzer Zeit eine erhebliche Gewichtszunahme, blühendes Aussehen und volle schöne Körperformen bewirken, sowie die Arbeitslust stärken. Die 'Eta-Nasen-Kaskette' sollte rote Nasen beseitigen. Die Verwendung der Dentisano-Zahnpasta garantierte gesunde Zähne 'bis in den Tod'. Die Margarine-Firma Rama schrieb sich plötzlich Rahma, um einen Bezug zu Rahm herzustellen und erfand das Wort 'buttergleich'. 'Das Schild ist in unserem Museum zu sehen', sagt Sammler Männer.

 

Im Zentrum der Ausstellung stehen neben klassischen Plakaten Blech- und Emailschilder aus dem Zeitraum von etwa 1900 bis 1950. Die Tafeln, die für Kakao, Waschmittel oder Bier warben, trotzten über viele Jahrzehnte an Scheunen, Bahnhöfen und Tante-Emma-Läden Wind und Wetter. Nach dem zweiten Weltkrieg endete diese Epoche: 'Mit dem Niedergang der Tante-Emma-Läden und dem Aufkommen der Supermärkte war das Zeitalter der nostalgischen Schilder mit ihren vertrauten Motiven aber endgültig zu Ende', sagt Männer. Meistens seien die Tafeln verschrottet worden. 'Wie häufig im Leben erinnerte man sich an diese alten Dinge erst wieder, als sie nicht mehr vorhanden waren', so der Sammler. Seit einigen Jahren sind die Email- und Blechschilder beliebte nostalgische Sammlerobjekte. Das kleine Museum in Thanstein verhilft den Werbetafeln nun zu einer zweiten Karriere.

 

Mehr Infos: www.reklame-thanstein.de

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