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Handwerk 4.0 zum Anfassen und Umsetzen

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SCHWANDORF. Von den künftigen Chancen der Digitalisierung wird viel gesprochen – das Handwerk nutzt diese Möglichkeiten heute schon. Laptops, Webseiten und E-Mails seien laut dem Vizepräsidenten der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz Albert Vetterl in den ostbayerischen Handwerksbetrieben standardmäßig im Einsatz.

 

Die Möglichkeiten, elektronische Werkzeuge zu nutzen, gingen aber erheblich weiter: Beispiele wie „3D-Druck“ oder „NFC-Bezahlsysteme“ seien Technologien aus der neuen digitalen Welt, dem sogenannten „Handwerk 4.0“, die der Unternehmer sinnvoll nutzen könne. Für die Chancen und Risiken, die damit einhergehen, gelte es sich nun zu rüsten, um weiterhin zukunftsfähig wirtschaften zu können, sagte Vetterl. Er eröffnete im CMT Charlottenhof in Schwandorf die Veranstaltungsreihe „Betriebsführung aktuell 2016“ mit dem Thema „Der Handwerker in der digitalen Welt – Möglichkeiten, Chancen und Risiken beim Einsatz elektronischer Werkzeuge“.

 

 

 

Betriebsberaterin Susanne Stiegler sprach von einem Wandel des Marktes. Während sich früher die Kunden beim Anbieter vor Ort informierten, geschehe das heute online. Letztendlich kauften aber knapp 40 Prozent danach im Geschäft. „Die Digitalisierung braucht man also nicht als Schreckensgespenst zu sehen, sondern als Chance.“ Das veränderte Kundenverhalten erfordere, dass sich das Handwerk anpasse – mit einem auf die Zielgruppe angepassten Onlineauftritt, einer passenden App oder einem professionellen Online-Shop. Eine noch fast ungenutzte Variante sei die Visitenkarte mit Zap-Code. Dank „augmented reality“ werde ein Blatt Papier zum „digitalen Schaufenster.“

 

Wie Handwerker bereits mit digitaler Unterstützung arbeiten, präsentierte Uli Götz, Leiter des Bildungszentrums in Schwandorf. Die Technologie des 3D-Drucks erleichtere es Modellbauern, Orthopädietechnikern oder Kunsthandwerkern höchstfiligrane Bauteile, Ersatzteile oder Prototypen durch schichtweises Drucken zu fertigen. Aber auch Multikopter ersetzten immer öfter komplizierte Gerüstaufbauten. „Ausgestattet mit hochauflösenden Kameras können diese mehrmotorigen Fluggeräte Fotos und Videos von Objekten in luftiger Höhe machen“, erklärte er. Insbesondere bei Spenglern, Dachdeckern, Restauratoren oder in der PV-Technik kämen diese zum Einsatz. Die Buchhaltung im Betrieb könne man mit einer Handwerkersoftware erleichtern: Mit dieser habe jeder Beteiligte zu jeder Tageszeit Zugriff auf projektrelevante Unterlagen. In naher Zukunft werde sich das „Building Information Modeling“ durchsetzen, eine Software, bei der alle am Bau und der Planung Beteiligten gemeinsamen an einem Projekt arbeiten könnten. „BIM“ berechne automatisch, wie sich Änderungen am Bauprozess auf die benötigten Materialien und Kosten auswirkten. „In Deutschland aber steckt diese Technologie mit noch wenigen Pilotprojekten in den Kinderschuhen“, sagte Götz.

 

Wie wichtig es ist, neben allen Chancen auch die Risiken zu kennen, verdeutlichte Christian Volkmer, geschäftsführender Inhaber der Projekt 29 GmbH. „Wo viel Technik ist, gibt es auch Schatten“, so sein Credo und verwies auf die hohe Cyberkriminalität, die auch kleine und mittlere Handwerksbetriebe treffen könne. „Gezielte Attacken auf Konkurrenten sind heute schon für 50 Dollar zu buchen.“ Seiner Erfahrung nach unterschätze der Mittelstand die Gefahren. Zudem gebe es eine Menge Gesetze zu beachten, wie das Bundesdatenschutzgesetz von 1996. „Nur 26 Prozent von 1.000 angestellten Geschäftsführern kennen, laut Studie, dessen Inhalt.“ Mit oft verheerenden Folgen, denn das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht verhänge bei Verstößen gegen den Schutz personenbezogener Daten immer öfter hohe Geldbußen – im schlimmsten Fall bis zu 25.000 Euro. Webseiten müsse man unbedingt schützen, um nicht nur sich vor Schaden zu bewahren, sondern auch den Kunden. „70 Prozent der Onlineauftritte weisen Mängel auf“, wusste er. Sein Tipp an die knapp 80 anwesenden Handwerker: „Betreten Sie neue Wege, aber konservativ, hören Sie auf Ihr Bauchgefühl.“

 

Abschließend verwies Vizepräsident Albert Vetterl auf ein bayerisches Förderprogramm, das ab April 2016 mit 80 Millionen Euro digitale Innovationen in Betrieben unterstützt. „Der Digitalbonus des Freistaats macht uns Handwerkern die ersten Schritte etwas leichter. Nutzen Sie diesen unbedingt“, so Vetterl. Er lud im Anschluss zu einer Ausstellung ein, bei der die Gäste verschiedene 3D-Produkte anschauen und anfassen konnten. Auch ein Multikopter und eine Handwerkersoftware konnten genauer unter die Lupe genommen werden.

 

Diesen Informationsabend führt die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz im ersten Quartal des Jahres an insgesamt zwölf Standorten in Ostbayern durch.

 

[i]Bildunterschrift:

 

Von 3D-Druck bis Multikopter – die Möglichkeiten, Chancen und Risiken beim Einsatz elektronischer Werkzeuge erklärten Jürgen Kilger, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, Inhaber von Projekt 29 Christian Volkmer, Betriebsberaterin Susanne Stiegler, Vizepräsident Albert Vetterl und Leiter des Bildungszentrums Uli Götz (v. li. n. re.).[/i]

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