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Herzensretter

|   Regensburg

REGENSBURG. Die Mobilen Retter und die Mobile-Retter-App sind in der Region längst etabliert. Ihrem Engagement ist es zu verdanken, dass Menschen wie Helga M. bei einem plötzlich auftretenden Herz-Kreislauf-Stillstand eine bessere Überlebenschance haben. Heute wurden am Universitätsklinikum Regensburg (UKR) Mobile Retter aus Regensburg, Neumarkt i.d.OPf. und Cham für ihren Einsatz geehrt.


Helga M. und ihr Lebensgefährte Christian P. haben es sich gerade auf ihrer Couch gemütlich gemacht. Der Fernseher läuft, der Tag soll ruhig ausklingen. Doch dieser 2. März 2023 verändert das Leben der beiden von einer Sekunde auf die andere. „Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Helga nicht mehr reagierte und dass sich Schaum in ihrem Mundwinkel gebildet hat“, schildert Christian P. die Situation. Ihm ist sofort klar, es ist ernst, und schnelles Handeln kann jetzt lebenswichtig sein. Unverzüglich wählt er den Notruf und alarmiert den Rettungsdienst. Zeitgleich wird über die Leitstelle auch die Mobile-Retter-App aktiviert und damit die Mobilen Retter alarmiert.

Nachbarschaftshilfe, die Leben rettet

Von alledem bekommt Helga M. nichts mit. Ihr Lebensgefährte beginnt unter Anleitung des Mitarbeiters der Integrierten Leitstelle Regensburg mit den Reanimationsmaßnahmen. „Ich bin unendlich dankbar, dass ich in dieser Ausnahmesituation nicht allein gelassen wurde. Der Mitarbeiter hat es geschafft, mich zu beruhigen, mir die Angst zu nehmen, sodass ich mich komplett auf die Reanimation konzentrieren konnte. Er hat mich auch darüber informiert, dass in wenigen Minuten ein mobiler Ersthelfer eintreffen würde.“ Knapp drei Minuten später war mit Michael S. auch schon ein qualifizierter Ersthelfer vor Ort, alarmiert durch die Mobile-Retter-App. Der Inhaber einer Tanzschule war noch mit Büroarbeit beschäftigt, als der Notruf per App eintraf. „Ich war nur circa 600 Meter vom Einsatzort entfernt, habe den Papierkram sofort liegengelassen und bin losgefahren. Zu helfen ist für mich Bürgerpflicht“, erinnert sich der ausgebildete Rettungssanitäter. Er ist Mobiler Retter der ersten Stunde und hat nun schon etwa 20 Einsätze seit 2021 absolviert.

Zeitfaktor als Zünglein an der Waage zwischen Leben und Tod

„Dieser Einsatz ist ein Paradebeispiel dafür, wie das Mobile-Retter-Netz als Ergänzung zur etablierten Rettungskette funktioniert. Es wurde keine Zeit verschwendet und sofort mit den Reanimationsmaßnahmen begonnen. Zuerst unter Anleitung durch den Lebensgefährten, dann durch einen ausgebildeten Ersthelfer, der als Mobiler Retter registriert ist und in der Nähe war. Anschließend durch Rettungsdienst und Notarzt und dann weiter im Krankenhaus“, würdigt Professor Dr. Carsten Jungbauer, Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II des UKR und einer der Initiatoren der Mobilen Retter in der Region, den Ablauf der Rettungsmaßnahmen. Denn Zeit ist der entscheidende Faktor, der über Überleben oder Versterben eines Menschen mit einem Herz-Kreislauf-Stillstand entscheidet. Die Mobile-Retter-App gibt, ausgehend von der Integrierten Leitstelle Regensburg, einen Alarm an qualifizierte Erstretter weiter, die sich in der Nähe des Patienten befinden. Mobile Retter haben eine medizinische Ausbildung und sind für derartige Notfälle geschult. So können sie dafür sorgen, dass der Betroffene bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes bereits mit ersten lebensrettenden oder lebenserhaltenden Maßnahmen versorgt wird, und schließen damit eine entscheidende Lücke in der Erstversorgung. „Je engmaschiger das Netz von Ersthelfern ist, umso höher sind die Überlebenschancen wie auch die Chancen, ohne größere Schädigungen zum Beispiel des Gehirns zu überleben“, so Professor Jungbauer weiter.

Mehr als 1.750 Ersthelfer haben sich in den vergangenen zwei Jahren seit Einführung der Mobilen-Retter-App im Leitstellenbereich Regensburg bereits registriert und werden regelmäßig zu Einsätzen gerufen. Seit Anfang Dezember 2022 gehören zum Mobilen-Retter-Gebiet von Stadt und Landkreis Regensburg auch die Landkreise Neumarkt i.d.Opf. und Cham. „Die Ersthelfer leisten einen unschätzbaren Beitrag, um die Überlebenschancen für Betroffene zu erhöhen. Dank ihrer fundierten Ausbildung, beispielsweise als Mitglieder in Freiwilligen Feuerwehren, als Rettungssanitäter oder weitere im Gesundheitsdienst Tätige, können sie neben den Rettungsmaßnahmen den eintreffenden Rettungsdiensten und Notärzten auch detaillierte Informationen zum Zustand des Patienten geben. Auch das spart Zeit und erleichtert im weiteren Verlauf die Behandlung in den Notaufnahmen“, führt Dr. Julian Hupf, Oberarzt der Interdisziplinären Notaufnahme des UKR und zweiter Initiator der Mobilen Retter in der Region, die Vorteile der Retter-App aus.


Zwischenbilanz, Dank und Ehrung

Nach zwei Jahren, mit mehr als 430 absolvierten Einsätzen und der Aufnahme des 1.750. Mitglieds zieht das Netzwerk eine überaus positive Zwischenbilanz. Mit viel Aufwand wurde ein ausgedehntes Netz an Mobilen Rettern gewoben, sodass bereits heute fast jeder Einsatz zum Beispiel im Stadtgebiet Regensburg mit zwei Mobilen Rettern versorgt werden kann. Dieser Erfolg war heute Anlass, einige der Netzwerk-Multiplikatoren für ihr außerordentliches Engagement zu würdigen. Gertrud Maltz-Schwarzfischer, Oberbürgermeisterin der Stadt Regensburg, Tanja Schweiger, Landrätin des Landkreises Regensburg, Markus Müller, Stellvertretender Landrat des Landkreises Cham, sowie Dirk Lippmann, Stellvertretender Landrat des Landkreises Neumarkt i.d.OPf. ließen es sich nicht nehmen, 32 Mobilen Rettern in einer Festveranstaltung am Universitätsklinikum Regensburg persönlich für ihren Einsatz zu danken. „Ihr Einsatz ist alle Ehren wert. Was Sie für unsere Gesellschaft in ihrer Freizeit leisten, ist selbstlos, beispielhaft und geht zu Herzen“, sind sich die Vertreter der Kommunen einig. 

Im Fall von Helga M. hat das Konzept der lebensrettenden Nachbarschaftshilfe bestens funktioniert. Michael S. hatte sofort die Reanimation von Christian P. bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes übernommen. Als Helga M. im Krankenhaus wieder zu sich kam, waren sich die behandelnden Ärzte einig, dass sie wohl nicht überlebt hätte, wenn ihre beiden Lebensretter nicht so couragiert und beherzt eingegriffen hätten. „Ich bin allen Beteiligten unendlich dankbar. Sie waren meine Lebensretter. Heute kann ich mein Leben ohne größere bleibende Schäden genießen“, strahlt sie. Für Helga M. und Christian P. steht fest: „Wir brauchen Menschen wie Michael S., die sich ehrenamtlich für die Mobilen Retter engagieren und damit einen wertvollen Dienst an der Gesellschaft leisten.“


Landkreisübergreifende Kooperation

Das Netzwerk der Mobilen Retter ist eine Kooperation zwischen dem Universitätsklinikum Regensburg, dem Caritas-Krankenhaus St. Josef Regensburg, dem Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg, dem medbo Bezirksklinikum Regensburg, der Sana-Klinik Cham, dem Klinikum Neumarkt, dem Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Regensburg (ZRF), der Integrierten Leitstelle Regensburg sowie den vier Rettungsdiensten BRK, Johanniter, Malteser und RKT. Es erstreckt sich über den gesamten Leitstellenbereich. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet, um die Einsätze der Mobilen Retter und damit deren Beitrag zum Überleben nach Herz-Kreislauf-Stillstand evaluieren zu können, und von der Deutschen Herzstiftung gefördert.

Die Mobilen Retter suchen auch weiterhin Verstärkung: https://mobile-retter-regensburg.de/.

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Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (6.v.li.), Landrätin Tanja Schweiger (6.v.re.) sowie Prof. Bernhard Graf (2.v.li), Stv. Ärztliche Direktor des UKR , PD Dr. Markus Zimmermann (2.v.re.), Leiter der Interdisziplinären Notaufnahme des UKR, und Prof. Lars Maier (re.), Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II des UKR, zusammen mit den geehrten Mobilen Rettern aus Stadt und Landkreis Regensburg. (Foto: © UKR/Franziska Holten)
Retter und Gerettete vereint: Helga M. (Mitte) verdankt Michael S. (2.v.li.) und ihrem Lebensgefährten Christian P. (2.v.re.) ihr Leben. Die Mobile Retter-Initiatoren Prof. Carsten Jungbauer (re.) und Dr. Julian Hupf (li.) gratulierten. (Foto: © UKR/Franziska Holten)