Aktuelles aus Regensburg

Wenn Stadt vom Analogen ins Digitale reicht

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REGENSBURG. Damit nicht immer mehr Menschen auf der Datenautobahn an den Innenstädten vorbeirasen, widmeten sich die IHK, die Regierung der Oberpfalz und die Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA) Fragen zu Digitalisierung und zielgruppenorientierten Qualitätsstrategien. 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Kommunen, Stadtplanung und Unternehmen folgten der Einladung in die IHK.

 

Florian Pronold, Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit stimmte auf das Thema ein. Er erinnerte an unterschiedliche Trends im Städtebau, die unterschiedlichen Lebensweisen ihrer Bewohner folgten, zählte die Sünden der autogerechten Stadt auf und die Folgen des Teilens von Städten in Zonen für Freizeit, Gewerbe und Wohnen. Das ginge nur, „wenn alle zusammenhelfen“. Jemand im Publikum lacht, nicht aus Freude, sondern, weil er nicht glaubt, dass das geht. Tatsächlich zeigte der weitere Verlauf der Veranstaltung: Konflikte pflastern die Veränderungsprozesse in den Kommunen, doch wer dranbleibt, gewinnt.

 

IHK-Stadtplanungsexperten Dr. Reinhard Rieger und Dr. Matthias Segerer moderierten das inzwischen fünfte Werkstattgespräch gemeinsam mit Dr. Stefan Leuninger und Jan Vorholt von der GMA. „Wir haben jedes Mal volles Haus“, sagt Rieger. „Die Auffassung von einer integrierten Stadtentwicklung, an der sich alle Akteure beteiligen setzt sich immer mehr durch. Stadtmarketing bedeutet Konsens. Stadt sind die Menschen, die in ihr leben.“

 

Einzelhandel kann vom Internet lernen

 

Unter dem Druck des Onlinehandels verliert der Einzelhandel als Leitfunktion der Innenstadt an Bedeutung: Ortszentren sollten sich weniger als reine Konsummeilen, sondern vielmehr als moderne Treffpunkte mit Versorgungsfunktion verstehen. Helmut Hagner, Geschäftsführer der Frey Modeerlebnishäuser in Cham, Marktredwitz und Schwandorf hat das Kaufhaus neu erfunden. Einzelhändlern rät er, vom Internet zu lernen: „Was heißt das denn? Stressfrei einkaufen, Waren ohne Begründung zurückgeben können, Frei-Haus-Lieferung…“ Und es bedeutet noch mehr, nämlich mit „magischen Momenten“ Erlebnisse zu generieren“. Das Café Zentral in Amberg schildert Geschäftsführer Bastian Prechtl als Erweiterung der Social Media Plattformen, als wandelbaren Raum, der vom Digitalen ins Analoge reicht und sich im Laufe des Tages wie ein Chamäleon mit Licht, Speisen, Publikum, Bedienungen, Musik und Kulturprogramm seinen unterschiedlichen Zielgruppen anpasst. Prechtl verdeutlicht, dass Stadt auch jenseits des Handels ihre Berechtigung hat.

 

Kleinstadt ist keine Großstadt

 

Wie konträr die Entwicklung der Städte Roding (Landkreis Cham) und Mitterteich (Landkreis Tirschenreuth) in den letzten Jahren verlaufen ist, stellten deren Erste Bürgermeister dar. Roding hat sich in den letzten Jahren zum prosperierenden Wirtschaftsstandort mit wachsender Bevölkerung entwickelt. Franz Reichold profitiert heute davon, dass bereits seine Vorgänger nicht zu den Anhängern einer Nahversorgung auf der Grünen Wiese gehörten, sondern den Erhalt der Innenstadt als Nahversorgungszentrum anstrebten. Heute gewährleistet Roding qualitätvolles Wohnen und Einkaufen in der Innenstadt, hat fast keine Leerstände, zieht Gastronomie, Wohnungsbau und Gewerbe an. Dabei bleibt Roding, was es ist: „Eine Kleinstadt soll keine Großstadt nachahmen wollen“, lässt Reichold die Kirche im Dorf.

 

Ganz andere Sorgen plagen Roland Grillmeier. Die Bevölkerung in Mitterteich sinkt. Fragen der Seniorenbetreuung dominieren seit drei Jahrzehnten die kommunale Politik. Der Umbau der Stadt ist in vollem Gange. Wichtiger Dreh-, Angel- und Kommunikationspunkt ist das Mehrgenerationenhaus auf dem Markplatz. Die neue Nutzung einer alten, sanierten Bäckerei ist zentraler Anlaufpunkt für alle Generationen. Das setzt Impulse etwa für die Ansiedlung von Gastronomiebetrieben. Wo der Immobilienmarkt keine Investitionstätigkeit mehr hergibt, setzt Grillmeier auf eine kommunale Entwicklungsgesellschaft und bleibt optimistisch. Weil ein Drogeriemarkt aufhörte und sich kein neuer ansiedeln wollte, stockte EDEKA sein Drogeriesortiment auf. Nicht einfach so, sondern weil Grillmeier überzeugt ist von der Vision der Innenentwicklung für seine schrumpfende Stadt.

 

[i]BU:Verschiedene Fragen, ein Ziel. Philipp Schröder hat Erfahrung im Quartiersmanagement, Bastian Prechtl in der Gastronomie und Helmut Hagner im Handel. Die Innenstadt stärken heißt gemeinsam handeln. (Foto: Weigl) [/i]

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