Aktuelles aus Regensburg

Mit Ausbildung der Corona-Krise trotzen

|   Regensburg

REGENSBURG. Ein Minus von fast 20 Prozent vermeldete die IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim Ende August noch bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. Jetzt, rund einem Monat nach Start des Ausbildungsjahres zeigt sich die IHK verhalten optimistisch mit Blick auf den Ausbildungsmarkt: „Wir verzeichnen mit 4.178 gestarteten Ausbildungsverhältnissen seit 1. September zwar noch immer 16,7 Prozent weniger Verträge als im Vorjahresvergleich. Jedoch zeigt sich, dass unsere Bemühungen und die Nachvermittlungen der Arbeitsagenturen erste Früchte tragen“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Jürgen Helmes.

Auch jetzt könnten Nachzügler noch immer mit einer Ausbildung beginnen. In einigen Branchen ziehe die Konjunktur wieder an, deshalb sei der Bedarf der Firmen nach Fachkräftenachwuchs ungebrochen hoch. „Jetzt, wo akademischer Unterricht zumeist nur online stattfinden kann, bietet die Berufsausbildung noch mehr Chancen. Die jungen Leute entfliehen der Corona-Perspektivlosigkeit, indem sie während des Arbeitsalltags in der Firma lernen. Gleichzeitig sind die Aussichten auf eine sichere berufliche Zukunft mit einer Ausbildung hervorragend. Der Aufstieg über berufliche Weiterbildung steht den akademischen Graden heute ebenbürtig gegenüber“, richtet Helmes seine Worte an Schulabgänger und Studienabbrecher.

Berufsorientierung an den Schulen fehlt

Sorgen bereiten den Unternehmen und der IHK mangelnde Möglichkeiten bei der Berufsorientierung an den Schulen. Ausbildungsmessen finden nicht statt, Praktika konnten vielfach nicht angetreten werden. „Das verstärkt die Unsicherheit der Schulabgänger, was sie machen sollen“, stellt Helmes fest. Dabei sei die Ausbildungsbereitschaft der Firmen in Deutschland nach wie vor hoch. Eine aktuelle Onlineumfrage der deutschen IHKs ergab, dass bei 80 Prozent der Ausbildungsbetriebe die Ausbildung trotz Corona-Krise normal weiterlaufe. 23 Prozent der Azubis arbeiten gelegentlich mobil, nur vier Prozent waren in Kurzarbeit und lediglich 1,5 Prozent der neuen Ausbildungsverträge wurden wegen der Corona-Krise gelöst. Gleichzeitig haben bei der IHK Regensburg in diesem Jahr 94,3 Prozent der Prüfungsteilnehmer ihre Prüfung bestanden.

„Gute Ausbildungsplätze sind auch jetzt keine Mangelware“, versichert Helmes. Nach wie vor werde jeder Bewerber, der an einer betrieblichen Ausbildung interessiert sei, einen passenden Job finden können. Die IHKs setzen gemeinsam mit den Handwerkskammern und dem Bayerischen Wirtschaftsministerium auf die Eltern der Schülerinnen und Schüler, ihren Nachwuchs bei der Berufswahl zu unterstützen – Helmes stellte als Federführer für dieses Thema den Hauptgeschäftsführern der bayerischen IHKs am Donnerstag in Würzburg eine neue Auflage der bayernweiten Kampagne „Elternstolz“ vor. Diese kommuniziert die Argumente, die für eine betriebliche Ausbildung sprechen.

Was der Ausbildungsstart 2021 bringt

Die rund 110 Mitarbeiter zählende PEKU Folien GmbH in Neumarkt hat zum Ausbildungsstart im September alle freien Azubistellen neu besetzen können. Tanja Pfatschbacher vom Ausbildungsmarketing ist darüber sehr erfreut: „Für uns ist es auch ohne Corona eine Herausforderung, junge Menschen auf uns aufmerksam zu machen, weil es in Neumarkt viele größere Industrieunternehmen gibt, die nach Azubis suchen.“ Deswegen beginnt sie mit den Werbemaßnahmen für den Fachkräftenachwuchs üblicherweise bereits im Herbst des Vorjahres. Von den fünf neuen Azubis hatten zwei bereits vor dem Corona-Lockdown ihre Ausbildungsverträge unterschrieben. Die anderen drei Stellen wurden während der Folgemonate besetzt. „Die jungen Leute konnten sogar nach den hausinternen Lockerungen im Juni Probearbeiten, das half uns bei der Bewerberauswahl natürlich enorm.“

PEKU beliefert die Lebensmittel-, Hygiene- und Pharmabranche und wurde damit als systemrelevant eingestuft. Die Geschäftsführung habe zu Beginn des Lockdowns schnell reagiert und ein Dreischichtsystem eingeführt, damit in zwei Schichten weitergearbeitet werden kann, wenn eine Schicht pandemiebedingt ausfallen sollte. Darüber hinaus wurden die bereits bestehenden umfassenden Hygienemaßnahmen erweitert. „In unserem kompletten Betrieb tragen alle Mitarbeiter FFB2-Masken.“ Sorgen bereitet der Ausbildungsexpertin die Akquise für die zu besetzenden Stellen ab September 2021. „Dass zum Beispiel die Ausbildungsmesse in Neumarkt im Oktober jetzt nicht stattfinden wird, ist für uns schon problematisch.“ Neben der Werbung in der regionalen Presse nutzt sie Onlineplattformen, darunter auch verstärkt die IHK-Lehrstellenbörse unter www.ihk-lehrstellenboerse.de

Hoffen auf Normalisierung

Auch bei Stanglmeier Reisebüro und Bustouristik in Mainburg im Landkreis Kelheim konnten trotz Corona-Krise drei Auszubildende im September 2020 neu ins Berufsleben starten – eine Tourismuskauffrau, eine Kauffrau für Büromanagement und eine Fachkraft im Fahrbetrieb. Die Branche ist von den Corona-Maßnahmen stark betroffen. Corona-bedingt rechne man immer mit Stornierungen, sobald eine Region als Risikogebiet eingestuft werde. Deshalb motivieren Geschäftsführer Christian Stanglmeier und sein Team die neuen Azubis jeden Tag neu – flexible Lösungen sind gefragt. „Vor Corona haben wir den Menschen die schönsten Tage im Jahr vermittelt, egal welches Ziel gewünscht war. Jetzt muss man Alternativen finden und anbieten.“

Dass Stanglmeier dennoch alle Azubistellen besetzt hat, spricht für Optimismus: „Wir glauben fest daran, dass wir im nächsten Jahr wieder mit unserem normalen Geschäft durchstarten können.“ Jetzt im Herbst und Winter steht die Bustouristik vor Herausforderungen, gerade die Tagesfahrten auf Christkindlmärkte und in österreichische Skigebiete werden fehlen. Wo es Möglichkeiten gibt, ist man kreativ: „Unsere Weinfahrten steuern jetzt nicht mehr Südtirol sondern die deutschen Weinregionen wie etwa die Mosel an.“

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Berufliche Ausbildung bietet gerade jetzt in der Corona-Krise Chancen für junge Leute. (Foto: © Julia Knorr)