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Schenke ich dem Computer Glauben oder nicht?

|   Regensburg

REGENSBURG. Das Institut für Röntgendiagnostik des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) erhält 284.000 Euro durch die Volkswagen-Stiftung, um die Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) im Krankenhaus zu verbessern. Ziel ist es, KI-Anwendungen in der Medizin so zu gestalten, dass zugleich Mitarbeiter entlastet werden und Patienten bestmöglich profitieren.

Künstliche Intelligenz begleitet uns in unserem Alltag auf Schritt und Tritt. Längst können Autos selbst einparken, Roboter putzen unsere Wohnungen, Sprachassistenten wecken uns am Morgen und ein Großteil unserer Kommunikation läuft via Apps. Diesen technischen Fortschritt macht sich auch die Medizin zu Nutze. Auch hier hat KI längst Einzug gehalten. Roboter unterstützen Ärzte bei Operationen und analysieren Laborproben, spezielle Programme erleichtern Diagnosen und helfen dabei, Behandlungsergebnisse zu verbessern.

Gerade in den bildgebenden medizinischen Disziplinen sehen Mediziner und Forscher jedoch noch deutlich Luft nach oben, wie PD Dr. Andreas Schicho, Geschäftsführender Oberarzt des Instituts für Röntgendiagnostik des UKR, erklärt: „Künstliche Intelligenz ist bereits jetzt ein fester Bestandteil in der Radiologie, allerdings steckt ihr Einsatz noch in den Kinderschuhen. Im Lungen-CT hilft uns beispielsweise ein System, auch kleinste Knoten sehr zuverlässig zu entdecken. Das Programm schlägt dann vor, die Aufnahmen nochmals gezielt zu analysieren.“ Das Risiko, etwas Wichtiges zu übersehen, sinkt dadurch deutlich. Dennoch ersetzt dieses System keinen Radiologen. Denn es arbeitet weder fehlerfrei noch ist es in der Lage, andere Aufgaben zu lösen, als kleinste Lungenknoten zu finden.

„Wir bekommen zwar den Hinweis und prüfen, ob tatsächlich ein Tumor oder eine andere Erkrankung vorliegt. Trotzdem müssen wir alle Bilder weiterhin selbst begutachten. Diese Programme sind so spezialisiert, dass sie für jede noch so einfache andere Frage unbrauchbar sind“, so Dr. Schicho weiter.

KI zur Steigerung der Patientensicherheit
Das Ziel in der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz in der Radiologie soll sein, dass Arzt und Patient sich auf die Beurteilung der KI verlassen können und darauf aufbauend weitere Maßnahmen, z.B. Therapien oder Kontrollen, festgelegt werden können. „Es wäre eine enorme Erleichterung, wenn uns in naher Zukunft bei verschiedenen Fragestellungen eine verlässliche Unterstützung über KI gewährt würde. Damit würden die ohnehin schon sehr hohen Qualitätsstandards nochmals steigen, was direkt den Patienten zugutekommt“, blickt Professor Dr. Christian Stroszczynski in die Zukunft. „Die individuelle Bewertung der unterstützenden Ergebnisse der KI für die weitere Diagnostik und Behandlung der Patienten durch einen Radiologen ist jedoch zwingend notwendig, damit KI nicht durch blindes Vertrauen zu einem neuen Risiko für den Patienten wird. Mit unserer Forschung wollen wir es schaffen, dass die Technik uns in Zukunft wirklich hilft“, so der Direktor des Instituts für Röntgendiagnostik des UKR weiter.

KI-Einsatz in der Röntgendiagnostik als Wegbereiter
Bisher wird die KI, neben der Röntgendiagnostik, zum Beispiel in der labormedizinischen Probenanalyse eingesetzt, wo Blutproben vollautomatisch von Robotern und Computern analysiert werden. Arztbriefe werden schon lange am Computer erstellt und wo die Pflege heute noch mit Papier arbeitet, soll schon bald alles digital sein. „Diese Schnittstellen zwischen Mensch und Computer sind erstaunlich wenig erforscht, dabei kennen wir alle den Frust, wenn das Programm nicht das macht, was es soll“, so Dr. Schicho, der hier eine der größten Baustellen der Digitalisierung im Gesundheitswesen sieht. „Viele Hersteller werfen Programme auf den Markt, ohne je einen Gedanken daran zu verlieren, wie Pflegekräfte, Ärzte oder Patienten damit zurechtkommen. Dabei ist das nur vordergründig eine Frage des Komforts, in Wirklichkeit geht es dabei um nichts weniger als unsere Sicherheit.“ Dass die Volkswagen-Stiftung hier die Bedeutung eines nur scheinbar kleinen Problems richtig erkannt hat, ist sich Dr. Schicho sicher. Zusammen mit anderen Radiologen, Psychologen und Computerwissenschaftlern aus Deutschland, Kanada und den USA wird er sich in den nächsten vier Jahren mit dem Thema wissenschaftlich auseinandersetzen. „Am Ende werden es immer die Menschen im Krankenhaus sein, die Medizin überhaupt möglich machen. Und Künstliche Intelligenz soll uns dabei unterstützen - nicht belasten.“

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Prof. Dr. Christian Stroszczynski (re.) und PD Dr. Andreas Schicho freuen sich über die Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz in der Radiologie; Foto: © UKR/Vincent Schmucker