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Rollenwechsel – Altenpflegeschüler erkunden die Stadt als Rollstuhlfahrer

|   Amberg-Sulzbach

AMBERG. (usc) Altenpflegekräfte haben viel Kontakt zu Menschen, die einen Rollstuhl nutzen. Aber wie fühlt sich das eigentlich an, Rollstuhlfahrer zu sein? Was ist zu beachten, wie barrierefrei ist die Umgebung wirklich und wie sind die Reaktionen der Mitmenschen? Auszubildende der Klasse AP 3 der ISE Berufsfachschule für Altenpflege und Altenpflegehilfe Amberg haben im Unterricht eine Selbsterfahrung gemacht. Sie haben die Rollen gewechselt und sind mit Rollstühlen losgezogen, um die Amberger Innenstadt zu erkunden.

 

Die Schülerin Christina Steinert hat im Vorfeld ausreichend Rollstühle organisiert, die den Rollenwechsel ermöglicht haben. Sehr positiv ist die Hilfsbereitschaft der Angestellten in den Geschäften aufgefallen. In einem Drogeriemarkt war eine Abteilung nur über einige Treppenstufen zu erreichen. Zwei hilfsbereite Angestellte haben einer Schülerin angeboten, sie samt Rollstuhl die Treppe hochzutragen. Da man anfangs die Breite des Rollstuhls schlecht einschätzen kann, passierten den Schülern auch einige kleine Missgeschicke. So wurde beispielsweise ein Stuhl in einem Restaurant umgefahren oder Waren im Geschäft aus dem Regal gestoßen. Die Angestellten reagierten hilfsbereit und höflich. Da einige Geschäfte Stufen haben, ist Rollstuhlfahrern der Zutritt nicht möglich. Es wurden wieder gute Erfahrungen gemacht: ein Kaffeeladen servierte den Kaffee prompt an den Rollstuhl.

 

Bis auf einige versteckte Blicke von Passanten waren die Reaktionen durchwegs positiv und hilfsbereit. Der Schüler Patrick Theiss bemerkte, dass er häufig von Fremden gegrüßt wurde – ein Phänomen, was er sonst aus dem Alltag nicht kennt. In der Innenstadt gibt es einen eigens für Rollstuhlfahrer und Kinderwägen angelegten Weg, auf dem es angenehmer zu schieben geht, als auf Kopfsteinpflaster. Leider ist dieser aber nicht durchgängig und die Übergänge zu Seitenstraßen wurden als sehr holprig erlebt. Es wurde auch bemängelt, dass Geschäftsleute ihre Plakate und Warenständer schlecht aufgestellt hatten, so dass man den Rollstuhlfahrer-Weg nicht immer nutzen konnte. Man musste in Schlangenlinien fahren. Das Kopfsteinpflaster und auch die Regenrinnen erforderten einen merklich erhöhten Kraftaufwand.

 

Beim Einkaufen gestaltete es sich schwierig, alle Waren zu erreichen. Der Schüler Patrick Zoll bemerkte, dass der Trick der Werbebranche bei Rollstuhlfahrern nicht aufgeht – sie kommen oft nicht an die oberen Bereiche des Warenregals, wo für gewöhnlich die teureren Produkte angeboten werden. Die Perspektive eines Rollstuhlfahrers ist logischerweise anders. Die Klasse diskutierte die gesammelten Erfahrungen im Anschluss. Dabei wurde klar, dass Hilfsbereitschaft wichtig ist – egal, ob man wegen Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen Hilfe benötigt. Es wurde deutlich, dass sich die Begleitperson voll und ganz auf den Rollstuhlfahrer konzentrieren muss. Die Auszubildenden haben wertvolle Erfahrungen gesammelt, wie die Meinung einer Schülerin (Renate Kopp) zeigt: „Es war eine lehrreiche und gelungene Exkursion“.

 

Auch der Spaß kam nicht zu kurz. So sprang der ein Schüler begeistert aus dem Rollstuhl auf, als es zum Abschluss Eis essen ging. Die Auszubildenden waren froh, dass es nur ein Rollenwechsel war und sie danach wieder laufen durften.

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