REGENSBURG. (obx) - Hobeln, schleifen, leimen - und das alles mit dem Smartphone: Ein neues Online-Spiel soll Jugendlichen den Einstieg ins Handwerk erleichtern. Entwickelt wurde das "virtuelle Praktikum" von der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz - gemeinsam mit der tschechischen Partnerkammer in Pilsen. Ihr Ziel: Lust aufs Handwerk machen. Mit einem digitalen Werkzeug, das Jugendliche da abholt, wo sie heute am liebsten unterwegs sind - im Netz.
Was früher ein Tag in der Werkstatt war, beginnt heute mit einem Fingertipp auf dem Display: In der Web-App schlüpfen Schülerinnen und Schüler in die Rolle von Praktikanten. In einem virtuellen Handwerksbetrieb lernen sie, wie ein Fensterrahmen entsteht - vom ersten Zuschnitt bis zur letzten Schraube. Statt echter Holzspäne fliegen dabei Datenpakete über den Bildschirm - und doch vermittelt das Spiel erstaunlich realistische Einblicke.
"Wir wollten ein Tool schaffen, das begeistert und trotzdem nah an der Praxis bleibt", sagt Christian Kaiser, stellvertretender Bereichsleiter Berufsbildung bei der Handwerkskammer. Entstanden sei kein Spielzeug, sondern ein Instrument für moderne Berufsorientierung. Entwickelt wurde die App mit Berufsexperten und Praktikern - wie Thomas Hierbeck, Inhaber eines traditionsreichen Schreinerbetriebs. Er sieht im virtuellen Praktikum eine große Chance: "Das Spiel ersetzt keinen Tag im echten Betrieb. Aber es kann die Tür dahin öffnen - ganz unkompliziert, spielerisch und ohne Schwellenangst."
Aktuell ist das digitale Praktikum auf das Schreinerhandwerk ausgelegt. Doch weitere Berufe stehen bereits in der digitalen Warteschlange: Das Bäckerhandwerk und die SHK-Branche sollen folgen. Und: Die App funktioniert zweisprachig - auf Deutsch und Tschechisch. Denn das Projekt ist Teil einer grenzüberschreitenden Initiative: "Handwerkshelden - Karriereperspektiven im Handwerk", gefördert aus dem EU-Programm INTERREG Bayern-Tschechien.
Das Prinzip hinter dem digitalen Praktikum ist so einfach wie wirkungsvoll: Junge Menschen können in wenigen Minuten erfahren, wie sich ein Handwerksberuf anfühlt - ganz ohne Anmeldung, ohne Anfahrt, ohne Vorwissen. "Gerade auf dem Land, wo Betriebe oft weit entfernt sind, ist das ein echter Vorteil", betont Kaiser.
Und manchmal ist es eben nur ein Klick bis zur Berufung. Denn wer einmal virtuell zur Japansäge gegriffen hat, der will es vielleicht bald im echten Leben ausprobieren - in einem Betrieb vor Ort. "Genau das ist unser Ziel", sagt Schreinermeister Hierbeck. "Ein digitales Erlebnis mit echtem Zukunftspotenzial."