REGENSBURG. (obx) - Bayerische und böhmische Handwerksbetriebe teilen vielfach dasselbe Schicksal. Es wird immer schwieriger, qualifizierte Fachkräfte zu finden. Was die Situation in Tschechien zusätzlich erschwert: Die duale Ausbildung, die auch international hoch anerkannt ist, gibt es dort so nicht. Dort findet die Qualifikation des Nachwuchses weitgehend in den Berufsschulen statt.
Es fehlt an Praxis- und Arbeitsmarktnähe. Das beklagen nicht nur deutsche Unternehmen mit Niederlassungen in Tschechien, sondern auch tschechische Betriebe. Zu diesem Ergebnis kamen kürzlich - nicht zum ersten Mal - die Marienbader Gespräche, die die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz organisiert. Fazit: Grenzüberschreitende Projekte mit hohem Praxisbezug können dort nach Meinung der Betriebe im Grenzraum ein wichtiger Schlüssel sein. Wie das konkret aussehen kann, zeigt ein Modellprojekt für den böhmischen Maurer-Nachwuchs, der gemeinsam mit seinen deutschen Kollegen an der grenzenloses Zukunft 'baut'.
Bereits seit acht Jahren lernen im Weidener Bildungszentrum der Handwerkskammer tschechische und deutsche Maurerlehrlinge regelmäßig gemeinsam. Die Azubis absolvieren dort zusammen die Kurse in der so genannten 'Überbetrieblichen Lehrlingsausbildung'. Der aktuelle Jahrgang mauerte gemeinsam einen Rundbogen. 'In Zeiten wie diesen wird die europäische Zusammenarbeit immer wichtiger, vor allem bei den jungen Leuten', sagt Tobias Knauer, der das Bildungszentrum leitet. Mit Fördermitteln des Europäischen Sozialfonds entstünden Chancen, um den Austausch über die bayerisch-böhmische Grenze hinweg zu intensivieren und neue Brücken zu bauen.
'Neben dem fachlichen Aspekt ist uns insbesondere der interkulturelle Austausch wichtig', so Knauer. Im Mittelpunkt steht jedoch die Praxis. In Tschechien findet die dreijährige Ausbildung zum Maurer größtenteils in der Berufsschule statt. Azubis wie der 20-jährige Jan Šašek wissen den Austausch zu schätzen: 'Es ist wirklich alles da, was man braucht', sagte er. Von den Erfahrungen seines Besuchs in Weiden werde er künftig profitieren, war er sich sicher.
Auch von Seiten der kooperierenden tschechischen Berufsschule erfährt das grenzüberschreitende Projekt viel Lob: 'Wir sind außerordentlich froh über die unkomplizierte und professionelle Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer', sagte Miroslav Šteffek, der Direktor der Pilsener Berufsschule. Die Azubis könnten Werkzeuge und Techniken kennen lernen, die sie in ihrer Heimat noch nie gesehen hätten.
Fit für die Baustellen in Bayern und in Böhmen sind nach Meinung von Ausbilder Tobias Lindner die Lehrlinge aus beiden Ländern: Die tschechischen Azubis hätten zwar etwas weniger praktische Erfahrung und benötigten noch ein wenig Übung. Bei Engagement und handwerklichem Geschick mache ihnen so schnell aber keiner etwas vor. Handwerkskammer-Vorstandsmitglied Karl Arnold lobte die Motivation der Gäste trotz Sprachbarriere. 'Die Sprache des Handwerks ist grenzübergreifend. Gemeinsames Arbeiten verknüpft mit Erfolgserlebnissen - das hat schon immer verbunden', sagte er.
Für die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz sind Projekte wie dieses Bausteine für ein großes langfristiges Ziel: Schritt für Schritt den grenzübergreifenden Wirtschafts- und Lebensraum zwischen den Metropolregionen München, Nürnberg, Prag und Wien weiter zu entwickeln und den Arbeitsmarkt durchlässiger zu gestalten.